Abseilen in den Schrund
Unten an der verdächtigen Stelle angekommen, sahen wir dass noch viel Eis in der lag und uns somit der Klufteingang versperrt war. Nach reichlicher Überlegung und Ohne das Spitzeisen anzusetzen, seilte sich Bruno wieder hoch ins Sonnenlicht. „Da müssen wir wohl noch ein bisschen Geduld haben und die Arbeit verschieben!“ Der Sommer 2013 brachte die Kluft nicht einmal ansatzweise zum Vorschein. Somit blieben uns nur die Gedanken an die Kluft in Erinnerung.
Bei einer Strahlnertour im Oktober 2014 kam ich wieder an diesem Felsen vorbei. Als ich mich auf den Gletscher kniete, den Kopf in den Schrund hielt, konnte ich die Kluft wieder sehen. Anders als im Jahre 2012 mussten es diesen Sommer schon einige Sonnenstrahlen am Gletscherrand vorbei in die Kluft geschafft haben. Denn von Eis in der Kluft war nicht mehr viel zusehen. Mit dieser frohen Botschaft im Gepäck und in Anbetracht alleine nichts ausrichten zu können, verlies ich die Stelle wieder. Am nächsten Samstag war dann Bruno wieder dabei und wir gingen auf direktem Weg ich zu diesem besagten Felsen. Mit von der Partie war diesmal auch Georg. Er versuchte die Impressionen und Freuden mit der Kamera einzufangen. Als wir bei der Stelle ankamen, bohrte Bruno einen neuen Haken damit er sich noch besser abseilen konnte als vor zwei Jahren.
Bruno seilte sich dann wagemutig in den Schrund ab und inspizierte die Kluft. Kurze Zeit später erblickte auch schon der erste Spitz nach Millionen von Jahren das Sonnenlicht. Ich musste mich auf das Eis legen damit der Spitz aus Brunos Hand fischen konnte „Juhu jetzt geht’s los“ und durch den Tiefengletscher hallte ein lauter Schrei. Die Kluft war jedoch nicht Reif zum Ernten denn Kristallinhalt war angewachsen. So musste Bruno mit dem Spitzeisen und Fäustel die Kristalle von dem harten Granit lösen. Es waren grosse Kristall Spitzen mit leicht chloritisierten Flächen. Ich arbeitete derweilen an einer älteren Stelle weiter rechts. Immer aber im Blick- und Hörfeld von Bruno. Meine Tätigkeiten wurden immer wieder unterbrochen, denn ohne meine Hilfe war es für Bruno unmöglich, die Kristalle ans Tageslicht zu befördern.
Immer wieder war ich aufs Neuste erstaunt was mir Bruno da zu fassen gab. Die geborgenen Kristalle musste ich auf den Gletscher legen. Zum Ersten Mal in meiner noch jungen Kristallsucherlaufbahn diente der Gletscher als Ablagefläche für die geborgenen Kristalle. Sucht man sich doch normalerweise einen Platz mit einem festeren Untergrund.
Wie gesagt konnte ich mich zwischenzeitlich immer wieder um meine Kluft kümmern. Auch ich hämmerte mit dem Fäustel auf das Spitzeisen und versuchte dem harten Felsen einige Kristalle zu entlocken. Auch hier war alles verwachsen und ich musste viel Band wegspitzen. Da mein wagemutiger Strahlnerkollege meine Hilfe im Gletscherschrund nicht beanspruchte, war das doch eine gute Beschäftigung. Schlussendlich kann man ja nie wissen was sich dahinter versteckt. Im Gegensatz zu Bruno befand ich mich ja am Tageslicht, und da es an diesem Tag ein wunderschöner warmer Herbsttag war, fiel mir das Spitzen sicher leichter.
Mir gefiel der Felsen und die Konstellation, denn die Öffnung zeigte nach unten. Das motivierte mich natürlich noch mehr. Tatsächlich konnte ich immer weiter vordringen und dann geschah das was sich jeder Strahler wünscht wenn er beim Bearbeiten einer Kluft ist. Es öffnete sich eine Tasche. Eigentlich völlig unerwartet hinter den angewachsenen Bandzinggen. Mein Puls schnellte sofort nach oben. Auch ich konnte jetzt einige Kristalle bergen. Die Kristalle waren im Chlorit eingebettet und ich konnte mit dem Häkchen die Kristalle herausziehen. Georg, der die ganz Szenerie filmte kam jetzt dann langsam aber sicher auch ausser Atem. Die Kamera von ihm mussten jetzt auf zwei Klüfte eingestellt werden. Die Kristalle von meiner Kluft waren ein wenig chloritisiert, was sich aber zuhause beim Waschen als nicht sonderlich störend erwies.
Mit der Zeit wuchs unser Mineralienlager zu einer stattlichen Grösse an. Auch das ist ein Novum in meiner Strahlnerkarriere, wenn das Mineralienlager von zwei Klüften versorgt wird. Bruno, stieg dann auch wieder aus seiner unbequemen Lage im Schrund hervor. Das Nass und die Kälte tief im Schrund konnte ich nur erahnen. Die wärmenden Sonnenstrahlen waren daher sehr willkommen.
Georg war sehr zufrieden mit den Aufnahmen. Zusammen haben wir dann die besten Stücke in den Rucksack verpackt. Nach einer kurzen Verweildauer und dem obligaten Sonnenbaden auf einem flachen Felsen, machten wir uns dann auf den Heimweg.
Wiederum haben wir einen herrlichen Strahlnertag Tag in den Bergen verbracht
Es stellte sich hinaus dass dies unser letzter Strahlnertag dieser Saison sein sollte.