Erstes Biwakkaffe von Michele
Im Sommer 2014 war es dann endlich für meine Frau Michele soweit. Das Datum für diesen Trip haben wir bereits im Frühling festgelegt. Durch unser Strahlnerteam von 4 Personen musste ich schauen ob die Villa Erotica nicht besetzt ist. Ausgesucht haben wir uns die Nacht vom 2. August 2014 auf den 3.August 2014. Bruno und Kurt gingen mit ihren Kristallen an die Disentisser Mineralienbörse, und Sepp war an diesem Wochenende anderweitig beschäftigt. Somit war das Biwak also frei. Gespannt beobachteten wir die Wetterlage und hie und da hörte man ein Gebet richtung Petrus. Er solle uns doch eine Hochdrucklage schenken. Um das Biwak wirklich zu geniessen, sollten doch einigermassen warme Temperaturen herrschen, oder zumindest das Wetter trocken sein.
Der verregnete Sommer 2014 und die ständigen Südwestlagen brachten uns aber kein gutes Gefühl. Das Wetter im Urserental wird mehrheitlich vom Tessin bestimmt. Da unser Biwak in diesem wunderbaren Tal liegt, schauten wir uns das Wetter im Nord Tessin genauer an. Um 05:00 ging der Wecker von Michele ab. Nun gut dachte ich mir steh du doch auf. Der Abfahrtstermin wurde am Vorabend auf 06:00 festgelegt und da ich das Meiste schon gepackt hatte, drehte ich mich nochmals. Erfahrungsgemäss haben ja Frauen immer etwas länger!!!!!!
Pünktlich um 06:00 ging es dann los. Nachdem mit Hilfe vom TCS APP der Stau vor dem Gotthardtunnel gecheckt wurde, fuhren wir via Autobahn, Schöllenen, Furkapassstrasse, Tätschstrasse auf den Tätsch. Die bequemen Turnschuhe wurden gegen die Bergschuhe getauscht und wir marschierten los ins Biwak. Ach ja das Wetter, vor ein paar Zeilen habe ich etwas von einer Südwestlage geschrieben. Genau dieses Szenario erwartete uns im Urserental. Im Tessin grau und wolkenverhangen, hingegen im Norden strahlendblauer Himmel. An der guten Laune bei Michele änderte aber dieses Wetter nichts, und ich machte mir ja sowieso keine Sorgen ums Wetter. Gedanken machte ich mir eher ob mit Michele alles gut geht. Reicht die antrainierte Kondition? Machen ihre Beine oder Füsse schlapp oder ist es ihr schlichtweg zu steil.
Auf dem Hüttenweg kamen wir sehr gut voran. Nach gut einer halben Stunde verlässt man den gut präparierten Hüttenweg und es geht weiter über Steine und Geröll, immer Richtung Gletschhoren Südwand schauend. Durch dieses eher steilere Gelände fehlte meiner Freundin etwas die Trittsicherheit. Um Schlimmeres zu vermeiden nahm ich sie das Eine oder andere Mal an die Hand. Es ist schon ein spezielles Gefühl wenn man sonst mit so trittsicheren Leuten wie Bruno, Kurt oder Sepp unterwegs ist. Bei denen muss man nicht bei jedem Schritt nachdenken ob sie es schaffen, die kommen einfach hinterher oder laufen vorne weg.
Nach etwa 2.5 Stunden erreichten wir dann unsere Sommer Residenz. Wie immer wurden die blauen Fässer nach vorne gestellt und die Kochkiste in die richtige Position gelegt. Als zweites wurde dann der Gaskocher angezündet und kurze Zeit später war dann das berühmt berüchtigte Biwak Kaffee trinkbereit. Eigentlich wird es ja nicht speziell zubereitet, Wasser, Zucker, 1 Löffel Incarom und ein „wenig“ Schnaps. Aber ich denke es ist die Atmosphäre und die Lage der Villa Erotica, was diesem Kaffee das ganz bestimmte Aroma gibt. Mit Brot und Käse und Fleisch haben wir zusätzlich zum Kaffee unsere Kohlenhydrate Speicher wieder aufgefüllt.
Immer wieder schauten wir hoch zum Himmel und mussten leider feststellen, dass sich das Wetter immer mehr verschlechterte. Trotzdem gingen wir aber noch ein bisschen Strahlnen rund ums Biwak. Als dann der Wind auffrischte und es uns das dritte Mal leicht verregnete, entschieden wir uns die Nacht nicht im Biwak zu verbringen. Denn es ist kein Geheimnis, wenn das Wetter garstig, windig und kalt ist, wird es sehr schnell ungemütlich im Biwak. Kurz nach Mittag waren wir dann wieder im Biwak. Wir räumten das gröbste wieder zusammen und machten uns auf dem Heimweg, Das Strahlnerfieber liess uns aber trotz dem schlechten Wetter nicht im Stich. Und so nahmen wir Spitzeisen, Fäustel und ein Hägchen mit auf den Heimweg. Gerne wollte ich doch meiner Freundin das Strahlnen noch live zeigen. Wir gingen also nicht den direkten Weg auf den Tätsch sondern suchten noch nach Anzeichen für eine Kluft. Am Rande des Tiefengletschers konnte ich noch aus einer kleinen Klufttasche einige Spitzen ergattern. Michele konnte derweilen im Dreck einer alten Kluft noch etwas Kleines finden. So fanden wir doch noch einen schönen Abschluss für diesen Tag. Kurz nach 17:00 sind wir dann wieder auf dem Tätsch angekommen.
Ein genüssliches Ende dieses Tages bescherte uns noch ein Cordon Bleu im Restaurant Tiefenbach. Viel lieber wären wir jetzt aber im Biwak oben in freier Natur. Gerade deswegen sollte man die Natur schätzen lernen. Das Wetter ist eines der wenigen Dinge im Leben, dass die Menschheit noch nicht ändern oder vorprogrammieren kann. Eines weiss ich aber bestimmt, das war nicht das letzte Mal das Michele im Biwak war.